Benutzer:Hajog/Regensburg 23. April 1945
Regensburg - 23. April 1945
In Erinnerung an
- Dr. Johann Maier, * 1906; † 24. April 1945, Domprediger in Regensburg,
- Michael Lottner, *1899; † 23. April 1945, Bürger von Regensburg, Lagerarbeiter
- Josef Zirkl, *1875; † 24. April 1945, pensionierter Polizeiinspektor
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Inhaltsverzeichnis
Demonstration für die kampflose Übergabe von Regensburg
Hunderte - vor allem Frauen forderten am 23. April 1945 in Regensburg auf dem Moltkeplatz vor dem Neuen Rathaus die kampflose Übergabe der Stadt. Sie riefen: „Gebt die Stadt frei!“ und „Gott erhalte Regensburg!“ Was hatte die Frauen auf die Straße gebracht? Die Lage war seit Tagen gespannt. Berta Rathsam, eine Teilnehmerin der Demonstration,schildert die vorangegangenen Tage:
„Die Kriegsfront rückte näher für uns, über Würzburg, das noch am 16. März 1945 innerhalb von zwanzig Minuten ein Flammenmeer war mit fünftausend Toten; über Nürnberg, das - in Grund und Boden bombardiert - am 19. April von den Amerikanern genommen war; Neumarkt von auswärtiger SS noch „verteidigt“, stand am 20. April in Flammen und war zum Schluss ein einziger Trümmerhaufen. ... Die Fliegeralarme Tag und Nacht wurden allmählich so häufig, dass man sich sein Nachtquartier schließlich gleich im Keller einrichtete, statt ständig aufgeschreckt mit dem Notgepäck in den Luftschutzkeller dort hinunter zu rennen und zu flüchten.
Am Montag früh ging es wie ein Lauffeuer durch die Stadt, sich zu einer Frauenkundgebung auf dem Moltkeplatz um 14 Uhr einzufinden. Die einen hörten, dass ein SS-General sprechen werde, die anderen, dass Chefarzt Dr. Ritter sich für seine Kranken einsetze. Einem jeden aber kam es wie eine endliche Lösung und Erlösung, so dass es nur den Funken des Aufrufes brauchte, um allgemein zu zünden.“
Gauleiter Ludwig Ruckdeschel fordert Verteidigung der Stadt bis zum letzten Stein
Am Sonntag, am 22. April, hatte Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar Ludwig Ruckdeschel in einer fanatischen Rede im Velodrom die Verteidigung der Stadt bis zum letzten Stein gefordert. Regensburg war zur Festung erklärt. Die Kampfgruppe der Wehrmacht mit Gefechtsstand im Taxisschloss hatte Befehl, die Stadt wie eine Insel rundum zu verteidigen. Für Städte, die zu Festungen erklärt waren, galt ein Befehl von Feldmarschall Keitel, RFSS Himmler und Reichsleiter Bormann vom 12. April 1945 zur Verteidigung bis zum äußersten.
Die Frauendemonstration wollte das Gegenteil: die Kapitulation. Die Frauen hatten ihre Kinder dabei und kamen mit weißen Tüchern.
Gestapoeinsatz gegen Bürger
Zwischen 17 und 18 Uhr war alles in heller Aufregung vom Moltkeplatz (heute Dachauplatz) bis zur Kreisleitung (heute IHK, Einbiegung zum Ernst-Reuther-Platz). An der Ecke Von-der-Tann-Straße stieg Domprediger Dr. Johann Maier auf eine Luftschutzlamelle, nahm die Forderung der Frauen auf, wollte den Aufruhr beruhigen. Ein Gestapobeamter in Zivil riss ihn von seinem Standplatz. Die Menge wollte ihn nicht hergeben. Polizei ergriff Josef Zirkl und noch einige, die ihn befreien wollten.
Gegenüber in der Kreisleitung wurde Michael Lottner erschossen.
Das Standgericht verurteilte Dr. Johann Maier und Josef Zirkl noch in derselben Nacht wegen Wehrkraftzersetzung zum Tod durch den Strang. Gauleiter Ruckdeschel, der sich bereits nach Schloss Haus abgesetzt hatte, betrieb von dort aus die sofortige Vollstreckung des Urteils. Er bestand darauf, dass der Domprediger seine Amtskleidung ausziehen und in lächerlichen, schäbigen Klamotten, die ihm viel zu klein waren, sterben musste. „Die Regensburger sollen einen Schock haben - morgen“, sagte Gestapo-Chef Sowa.
Am Morgen des 24. April sahen die Regensburger und Regensburgerinnen ihren Domprediger hängen, neben ihm Josef Zirkl und am Boden Michael Lottner.
Abzug der „Kampfgruppe Regensburg“
Auch Regensburg wäre - wie Nürnberg oder Würzburg der Bombardierung nicht entgangen. Erst drei Tage später, als in der Nacht zum 27. April die „Kampfgruppe Regensburg“ der Wehrmacht ihre Festung verlassen hatte, stoppten die Amerikaner die bereits befohlene Bombardierung: Das „mittelalterliche Wunder Deutschlands“ war der Zerstörung entgangen.
Milde Bestrafung der Täter
Ebenso entgangen sind die Verantwortlichen der Sühne: Als Ergebnis der Prozesse von 1948 und 1949 blieben sie unbehelligt oder kamen mit geringen Strafen davon.
Gauleiter Ruckdeschel, zu 8 Jahren verurteilt, wurde 1952 freigelassen und übernahm 1954 die Leitung des Volkswagenwerkes in Hannover.
Gedenken
Schon am 23. April 1950 wurde eine Gedenktafel an die "Frauendemonstration" vom 23.4.1945 und die Opfer angebracht. Der Gedenktag 23. April hat sich aus der Studentenbewegung heraus ab 1971/1972 entwickelt.
Kreise in der katholischen Kirche bemühten sich dann auch um ein Gedenken über einen Rosenkranz im Dom hinaus. Der Dekanatsrat der Katholiken veranstaltet seit vielen Jahren unter Einbeziehung eines Vertreters der Evangelischen Kirche und des Vorstands der Jüdischen Gemeinde Regensburg eine katholisch geprägte Gedenkstunde am 24. April, einen Tag nach dem Gedenken am 23.April auf dem Dachauplatz, zu der auch Stadträte und Bürgermeister gehen.
Ein gemeinsames Gedenken hat bereits 1979 der damalige Stadtrat und Landtagsabgeordnete Peter Welnhofer öffentlich abgelehnt mit dem Hinweis: "nicht mit Kommunisten".
Gegenüber Dritten ist das auch bis heute so geblieben: "nicht mit der VVN, die im Verfassungsschutzbericht steht". Damit wurden Bemühungen des Vorstands der Jüdischen Gemeinde Herrn Hans Rosengold (verstorben 2011) und des Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft ehem. KZ Flossenbürg e.V., Herrn Dr. Hans Simon-Pelanda zuletzt im Jahr 2007 von OB Hans Schaidinger abgelehnt. Damit steht man in alter Tradition ... .
Seit 1998 wird von Mitgliedern der VVN-BdA zusammen mit anderen der 23. April als Gedenkweg begangen, der beim Colosseum [1], dem KZ Außenlager beginnt und am Dachauplatz endet.
Für die VVN Regensburg ist der Gedenktag 23. April das wichtigste Anliegen im Jahr.
Literatur
- Peter Brendel (u.a.): Das Lager Colosseum in Regensburg. In Dieter Galinski, Wolf Schmidt (Hg.): Die Kriegsjahre in Deutschland 1939 bis 1945. Ergebnisse und Anregungen aus dem Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten 1982/83. Hamburg, 1985, S. 251-268
- Werner Chrobak:50 Jahre danach - Domprediger Dr. Johann Maier und seine Zeit: Ausstellung in der Bischöflichen Zentralbibliothek. Regensburg 23. April bis 28. Juli 1995 , Regensburg: Schnell & Steiner, 1995 , (Kataloge und Schriften / Bischöfliches Zentralarchiv und Bischöfliche Zentralbibliothek Regensburg; Bd. 12) ISBN 3-7954-10835 DNB
Weblinks
- VVN-BdA Regegensburg, Webartikel vom 18.2.2008 von Luise Gutmann
- Wikipedia:Regensburg - Erinnerung an Verbrechen in der Endphase des Zweiten Weltkriegs
- Regensburger Sonderformat Eine Stadt begegnet ihrer Geschichte mit Anti-Erinnerungspolitik von Hans Canjé im Neuen Deutschland 26.08.2011