Hugolinus Dörr: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 21. März 2017, 17:31 Uhr

Hugolinus Dörr (* 24. Juli 1895 in Sellerbach im Köllertal, † 6. Juni 1940 im Internierungslager Fort Asnières bei Dijon, Département Côte d´Or.)

Leben

Dörr war Sohn eines Bergmannes. Vom 13. Lebensjahr an besuchte er ein Gymnasium, das im Auftrage der Gesellschaft des Göttlichen Wortes vom St. Wendeler Missionshaus betrieben wurde. Dörr hatte sich entschieden, nach Schulabschluss ein Theologiestudium zu beginnen und Priester zu werden. Das Studium begann er 1913 in Mödling bei Wien. 1916 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. 1919 kehrte er an die Hochschule zurück.

1923 empfing er die Priesterweihe und sollte nun im Auftrag seines Ordens in der chinesischen Provinz Südschantung in einem Pest- und Seuchengebiet Missionsaufgaben übernehmen. Aber schon im folgenden Jahr kehrte er vorzeitig zurück. Er war der Missionsarbeit gesundheitlich nicht gewachsen. 1928 wurde er aus gesundheitlichen Gründen beurlaubt und ging zu seinen Eltern nach Sellerbach zurück.

Hier im Köllertal unterstützt er den Pfarrer, indem er Hausbesuche bei Kranken vornahm. Das weckte sein Interesse an Homöopathie und Sexualkunde. Als Autodidakt experimentierte er mit der Irisdiagnose und wurde in seinem Heimatdorf zu einem Dorfheiler.

Im Oktober 1933 gründete Dörr zusammen mit Dr. Jacob Hector, Karl Minster und anderen die „Saarländische Wirtschaftsvereinigung“ (SWV), die sich für eine politische Selbstständigkeit und gegen eine Rückgliederung des Saarlandes an Hitlerdeutschland aussprach. Als Leiter der Saarländischen Arbeiterhilfe und als Leiter des SWV-Bezirks Köllertal nahm Dörr eine exponierte Stellung ein.

Gemeinsam mit seiner achtzigjährigen Mutter warb er seit dem Frühjahr 1934 für die katholische Oppositionszeitung „Neue Saarpost“ und forderte öffentlich zur Stimmabgabe für die „Status Quo“- Lösung auf. Die katholischen Bischöfe von Trier und Speyer hatten am 30. Juli 1934 auf einer Massenkundgebung in Saarbrücken versucht, Hitlerkritiker innerhalb des Saarklerus mundtot zu machen.

Für die etwa 60.000 sozialdemokratischen und kommunistischen Teilnehmer der antifaschistischen Kundgebung am 26. August 1934 in Sulzbach war es wie ein Wunder, dass nach Fritz Pfordt ein Mann in schwarzer Soutane auftrat. Sein Auftritt war beeindruckend. Die Presse der Deutschen Front enthüllte später, dass es sich um Pater Dörr handelte. In seiner Rede erklärte er u. a., dass es nicht um die Entscheidung zwischen Deutschland oder Frankreich gehe, sondern vielmehr um die Entscheidung über christliche Kultur und Frieden in Europa. Er kritisierte die Politik der Bischöfe, die oppositionellen Pfarrern die politische Betätigung an der Saar verböten. Am Schluss seiner Rede forderte Dörr am 13. Januar 1935 gegen den Anschluss der Saar an Hitlerdeutschland zu stimmen.

In den kommenden Wochen trat Dörr häufig in Status-Quo-Veranstaltungen auf. Ende Oktober 1934 begleitete er die beiden führenden Repräsentanten der Einheitsfront Max Braun und Fritz Pfordt nach Paris, wo im Hotel Lutetia ein internationaler „Untersuchungsausschuss über den NS-Terror an der Saar“ tagte. Dörr schilderte, wie oppositionelle Saar-Katholiken durch ihre Bischöfe angegriffen und bedrängt wurden.

Neben Max Braun war Pater Dörr in der gleichgeschalteten Öffentlichkeit die meistgehasste Politikerpersönlichkeit der Status-Quo-Bewegung. Vor seinem Haus wurden Scheinhinrichtungen mit Strohpuppen durchgeführt. Man verunglimpfte ihn als Irren. Der Gipfel der Diffamie war die Veröffentlichung seiner Lesekarte aus einer Saarbrücker Leihbibliothek. Die dort aufgelisteten sexualethnologischen Schriften wurden verwendet, um ihn als „sexuell pervers“ abzustempeln und ihn der Lächerlichkeit preiszugeben. Schon im September 1934 war Hugolinus Dörr nach Forbach geflüchtet und hatte die französische Staatsangehörigkeit angenommen. Er arbeitete hier im Hospiz Ste-Marie-Madelaine. Zu Kriegsbeginn 1939 kam Dörr ins Internierungslager. Als am 6.Juni 1940 deutsche Truppen das Lager besetzten, kam er ums Leben.

Verwandte von Dörr berichteten, das französische Wachpersonal sei an diesem Tage sehr streng gewesen und habe den Internierten nicht erlaubt einen Saal, in dem sie sich aufhielten zu verlassen; auch nicht um die Notdurft zu verrichten. Aus Protest habe Dörr daraufhin in eine Blechdose uriniert. Die Angehörigen des Wachpersonals hätten ihn zusammengeschlagen, in einen Sack gesteckt und aus dem Fenster des Forts in den Fluss geworfen.

Weblinks